Würselen und Ruichang bald Partner

Würselen und Ruichang bald Partner

Der Stadtrat gibt grünes Licht für die offizielle Verbindung. Besiegelung der Freundschaft muss bis März 2012 über die Bühne gehen.
Aachener Nachrichten vom 21.7.2011 Von Georg Pinzek
Würselen. Der Stadtrat hat sich mehrheitlich für die Gründung einer Städtepartnerschaft mit Ruichang in China ausgesprochen – gegen fünf Stimmen und bei einer Enthaltung auf Seiten der UWG. Ruichang ist eine kreisfreie Stadt in der südchinesischen Provinz Jiangxi. Sie hat rund 430 000 Einwohner und eine Fläche von 1423 Quadratkilometern.

Auf der Zuhörerempore verfolgten auch der Vize-Vorsitzende der Freundschaftsgesellschaft Würselen-Ruichang, Dr. Zhen Xu, und Geschäftsführer Friedel Beckers den positiven Bescheid ihres Antrags. Der Vorsitzende der Freundschaftsgesellschaft, Werner Breuer, ließ sich indes die frohe Kunde telefonisch übermitteln. Der ehemalige Bürgermeister und Pensionär ist mit dem Rad am Niederrhein unterwegs. „Sehr glücklich bin ich über die Entscheidung“, betonte er auf Anfrage unserer Zeitung. Breuer zählt nicht nur zu den treiben Kräften der Partnerschaft, sondern er ist quasi der „geistige Vater“ der neuen Städteehe. Bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an die Würselenerin Luise Dunker, die sich seit vielen Jahren um chinesische Studenten in Aachen kümmert, knüpfte Breuer 2006 Kontakt zu Chinesen, die in der Region leben, so auch zu Dr. Zhen Xu, der aus Ruichang stammt. Breuer besuchte auf Einladung von Bürgermeister Xiaoping Gu 2008 Ruichang. „Dort bin ich sehr interessanten und sehr herzlichen Menschen begegnet. Der Bürgermeister war mir gleich sympathisch. Wir haben Brüderschaft getrunken und sind in Kontakt geblieben“, erinnert sich Breuer an die Anfänge. Bereits bei diesem Besuch wurden Überlegungen angestellt, eine Städtepartnerschaft zu gründen. Auf Breuers
Initiative wurde im Juni 2010 die Freundschaftsgesellschaft gegründet, die Stadt Würselen trat per Ratsbeschluss im Juli bei. Zwei Monate später reisten Bürgermeister Arno Nelles und Werner Breuer mit einer kleinen Delegation, darunter Maria Foerster, die stellvertretende Leiterin des Heilig-Geist-Gymnasiums (HGG), nach China.

„Auf einem guten Weg“

Eine siebenköpfige Gruppe aus Ruichang mit Bürgermeister Xiaoping Gu an der Spitze und der benachbarten Stadt Jiujiang waren im Januar 2011 zum Gegenbesuch in Würselen. Dabei wurde von den Chinesen der Wunsch nach einer Partnerschaft bekräftigt. Im März bewilligte die zuständige chinesische Behörde (The Chinese People’s Association für Friendschip with Foreign Countries) den Aufbau einer Städtepartnerschaft mit der Auflage, dass der Vertrag innerhalb eines Jahres abgeschlossen sein soll. Vor wenigen Tagen besuchten 24 Schüler und vier Lehrer der Mittelschule Nr. 1 aus Ruichang das HGG. Die Chinesen waren bei Familien von HGG-Schülern untergebracht. Breuer: „Da sind private freundschaftliche Kontakte geknüpft worden. E-Mail-Adressen wurden ausgetauscht. Die Jugend will in Verbindung bleiben. Und das ist genau das, was die Städtepartnerschaft bewirken soll. Erst dann darf man doch über Probleme wie die Frage der Menschenrechte sprechen – statt alles im Vorfeld kaputtzureden. Sollte außerdem unser Wirtschaftsstandort von den Kontakten nach China profitieren, wäre das auch eine gute Sache.“

Bürgermeister Arno Nelles, der selbst dem Vorstand der Freundschaftsgesellschaft angehört, freute sich über die Entscheidung des Rates: „Ich bin mir sicher, dass dieser spannende und dynamische Prozess auf einem guten Weg ist.“ Bereits in der kommenden Woche werde der Vorstand über das weitere Vorgehen zur Besiegelung der Städtepartnerschaft beraten.

Würselen unterhält partnerschaftliche Beziehungen zu Morlaix (Frankreich/Bretagne), Hildburghausen (Thüringen), Réo (Burkina Faso), Campagnatico (Italien/Toskana).

Was sagen die Fraktionen im Stadtrat zur Gründung einer Partnerschaft?

SPD-Fraktionsvorsitzender Stefan Mix begrüßte die Gründung einer Partnerschaft mit Ruichang: „Es ist gut, wenn Menschen unterschiedlicher Kulturen sich begegnen.“ Die Frage der Menschenrechte sei in der Fraktion ebenfalls intensiv diskutiert worden. Er erinnnerte daran, dass Würselen bereits vor der Wende eine Partnerschaft mit Hildburghausen in der DDR eingehen wollte. „Wir mussten warten, bis die Mauer fiel.“ Die demokratischen Prozesse im afrikanischen Réo hätten in der Anfangsphase der Partnerschaft in den Anfängen gesteckt. Mix warnte allerdings vor übertriebenen Hoffnungen, denn die Stadt könne aufgrund ihrer finanziellen Situation nicht viel Geld in die Partnerschaft stecken.

CDU-Fraktionsvorsitzender Karl-Jürgen Schmitz betonte: „Die Menschenrechte gehören zu den unveräußerlichen Rechten. Es ist klar, dass wir sie jederzeit einfordern werden, wenn sie nicht gewahrt werden. Eine gute Freundschaft verträgt auch Kritik. Das heißt nicht, dass wir belehren wollen. Ich bin mir sicher, dass die Menschen hier von der chinesischen Kultur profitieren werden. Dass eine Partnerschaft auch auf diese Entfernung funktionieren kann, hat der Besuch beim HGG belegt. Dort wird im Gegenzug über eine China-Reise nachgedacht. Wir wünschen der neuen Städtepartnerschaft viel Glück und Erfolg.“

FDP-Fraktionsvorsitzender Hans Carduck: „Die Begegnung von Kindern und Erwachsenen in Würselen und Ruichang ist eine große Chance, die wir nutzen sollten. Wir hoffen, dass die Partnerschaft fruchtbar ist für unsere Region, in der bereits viele Chinesen leben. Wenn unser Wirtschaftsstandort dadurch außerdem gestärkt wird, ist das natürlich auch in Ordnung.“

Für die Grünen erklärte Anka Erdweg: „Wir freuen uns auf die Partnerschaft, die selbstverständlich nicht nur von Politik und Funktionären, sondern von Privatleuten getragen werden soll. Die Schülergruppe, bei Familien in Würselen untergebracht, war ein guter Anfang.“

UWG-Fraktionsvorsitzender Walter Quadflieg erklärte: „Eine wirkliche Partnerschaft kann nicht gelebt werden. Die Entfernung ist zu groß. Die finanziellen Mittel sind nicht da. Dass Menschen sich intensiv begegnen, wird ein nicht zu verwirklichender Traum bleiben.“